Das Magiergespann John Dee und Edward Kelley
Dr. John Dee wurde 1527 als Sohn Rowland Dees geboren, einem Angehörigen des niederen Adels, der als Diener unter König Henry VIII. diente. Sehr früh zeigte Dee seine Begabung in der Mathematik und er wurde mit 15 Jahren Student am St. Johns College in Cambridge. Er entwickelte sich herausragend und unterwarf sich selbst der rigorosesten Diziplin in seinen Studien. Er schloß sie 1546 ab und wurde einer der "Fellows of Trinity College", das Henry VIII. neu begründet hatte. Er hielt Vorlesungen in Paris und Louvaine aber es ist nicht überliefert, daß Dee je einen Doktortitel erwarb. Es ist anzunehmen, daß der Titel ein Ehrendoktor war oder ihm dieser Titel von Meric Casaubon angedichtet wurde. Als Königin Elizabeth den Thron bestieg, war Dee als Gelehrter sehr bekannt. Er sprach Latein, Griechisch und Hebräisch, war in der Medizin bewandert, ein talentierter Mathematiker, Philosoph, Astronom und Astrolog, Historiker und Autor verschiedener Werke. Unter Mercator studierte er Kartographie und Navigation und war später auch im Ausland durch seine öffentlichen Vorlesungen sehr bekannt.
Sein Ruhm war beeindruckend genug, daß Königin Elisabeth ihren Krönungstermin durch Dee astrologisch festlegen ließ. Die Königin konsultierte John Dee in den folgenden Jahren immer wieder in okkulten Fragen und hielt ihm auch den Rücken frei, wenn er im Ausland unterwegs war. Es ist nicht gesichert, ob er der Königin im Ausland als Spion diente, aber Königin Elisabeth nannte ihn "Noble Intelligencer" oder "My Ubiquitous Eyes" - was den Schluß nahe legt, daß Dee mit dieser Tätigkeit betraut war. Für James Bond Fans mag es interessant sein, daß Dee seine Briefe an die Königin mit "007" signierte. John Dee unterrichtete die Königin in okkulten Dingen und sie ließ sich von ihm privat in die Geheimnisse der "Hieroglyphic Monad" einführen. Dee zählt zu den größten Visionären seiner Zeit und sein Rat wurde in vielen Fragen sehr hoch geschätzt. Im Laufe der Jahre wuchs seine Privatbibliothek zur größten Sammlung philosophischer und wissenschaftlicher Werke in England heran und zog dadurch auch viele Gelehrte an.
Edward Kelley ist der totale Gegensatz zu Dees Person. Er wurde 1555 in Worcester geboren, als Dee wegen Verrat vor Gericht stand. Über seine Herkunft ist nicht viel Gesichertes bekannt. Angeblich sei er ein Sohn einer Apothekerfamilie, was seinen Hang zur Alchemie erklären könnte. Er wurde irgendwann der Fälschung überführt und zusammen mit Paul Waring vollzog er auf einem Friedhof eine nekromantische Operation, bei der er den Geist eines Verstorbenen beschwor. Durch seine Eskapaden war er gezwungen, seinen Beruf als Schriftkundiger aufzugeben und seinen Wohnort zu wechseln. In Wales - so jedenfalls die Legende - soll er in den Besitz des weißen und roten Pulvers gelangt sein und ein alchemistisches Manuskript mit dem Namen "Book of St. Dunstan" erhalten haben. Eine andere Lesart derselben Geschichte sagt, Dee und Kelley seien in Glastonbury spazieren gegangen, als Kelley das Pulver und das Buch fand, jedenfalls schreibt Ashmole das. Erwiesen ist, daß Kelley bei John Dee in Mortlake mit dem Manuskript und dem Pulver auftauchte, von dem er der glaubte, es sei das Pulver der Transformation.
Kelley wurde Dee am 8. März 1582 von einem gemeinsamen Freund mit dem Namen Clerkson vorgestellt. Kelley stellte sich unter dem Namen Edward Talbot vor und es ist anzunehmen, daß dies sein echter Name ist. Zu diesem Zeitpunkt trat John Dee in seinen magischen Studien auf der Stelle. Er führte mit dem wenig begabten Medium Barnabas Saul einige Sitzungen durch, die jedoch nicht viel substanzielle Informationen einbrachten. Dees intensive Beschäftigung mit dem zeremonialmagischen Gebiet wurde durch seine eigene seherische Blindheit behindert und so mußte er sich Zeit seines Lebens auf Medien verlassen. Er war regelrecht besessen davon, durch die Kontakte mit Engeln und hohen Wesen Wissen und Informationen über die Schöpfung und die Welt zu erlangen. Kelleys seherische Begabung beeindruckte Dee derart, daß er keine weiteren Anstrengungen unternahm, andere Medien zu finden. Bis 1589 arbeiteten die beiden ungleichen Männer eng zusammen. Sie führten hunderte von Sitzungen durch, die schließlich in der Übermittlung der Systems der henochischen Magie gipfelten. Im Jahre 1589 trennten sich die beiden. Edward Kelley starb 1595, als er aus einem Gefängnis des Kaisers Rudolph II von Böhmen zu fliehen versuchte und aus dem Fenster stürzte.
In der Zeit, als Dee und Kelley zusammenarbeiteten nahmen die Engel starken Einfluß auf das Leben der Beiden. So zogen beide Magier auf Anweisung der Engel nach Polen. Obwohl die düsteren Prophezeiungen, daß John Dee bald der Prozeß wegen Verrats gemacht werden würde, falsch waren, glaubte Dee den Engeln vorbehaltlos und unternahm alles um nach Polen umzuziehen. Es wird gerne geglaubt, Edward Kelley hätte John Dee für seine Zwecke mißbraucht und viele der Sitzungen seien von ihm in betrügerischer Absicht durchgeführt worden. In der Tat ist es nicht ganz von der Hand zu weisen, daß einige Informationen der Engel eher aus der Feder Kelleys stammten, jedoch ist in den Sitzungsprotokollen eindeutig festgehalten worden, daß Kelley ein tiefes Mißtrauen gegenüber den Engeln hegte, das er nie ganz ablegen konnte. Die Informationen, die die Engel den beiden Magier durchgaben, widersprachen zum Teil eklatant dem damaligen Verständnis von Glaube und gelebten Christentum. Sie vertraten zum Teil extrem ketzerische Ansichten:
- Jesus sei kein Gott
- Kein Gebet sollte an Jesus gerichtet werden
- Es gibt keine Sünde
- Das Konzept der Seelenwanderung
- Das die Entstehung der Menschheit durch Adam und Eva kein historisches Fakt ist
- Die Engel akzeptierten keinen Heiligen Geist
Während der Periode der Zusammenarbeit wurden Kelley und Dee oft auf harte Proben gestellt. Es kam einmal soweit, daß die Engel das Duo dazu aufforderte, die Ehefrauen zu tauschen. Logischerweise waren die Ehefrauen davon alles andere als begeistert. Zu der damaligen Zeit war Magie immer noch verboten und es war für die beiden sehr gefährlich, ihre Studien zu betreiben. Nach dem Ende ihrer Zusammenarbeit fand Dee kein weiteres Medium dieser Qualität und er beendete die aktive Forschung daran. Seine Aufzeichnungen lagerte er zum Teil im doppelten Boden einer Truhe um sie den Blicken Neugieriger zu entziehen. Einige Jahre danach und eher kurz vor seinem Tode schien Dee noch mit anderen Magiern der Engelsmagie in Kontakt gestanden zu haben, da es eine Abschrift der Anrufungen durch Thomas Rudd aus jener Zeit gibt. John Dee starb 1608.
Das Material, das die Engel dem Gespann durchgaben war unterschiedlicher Natur und kann grob in drei Bereiche unterteilt werden, die jedoch alle miteinander in Verbindung stehen. Der erste Teil war das Material zur mystischen Heptarchie, das so aufgebaut ist wie die klassischen Grimoires, mit Geistern, ihrer Hierarchie nebst Siegeln und Anrufungen. Ein weiterer Teil war das Liber Loagaeth, das Buch der Weisheit der Engel. Ein aus zweimal 48 riesigen Buchstabenquadraten bestehendes "Buch", das in einer eigenartigen Sprache verfaßt ist. Der dritte Teil schließlich umfaßt ein magisches System mit 49 Rufen und der großen Tafel, sowie den dreißig Æthyren, welche mit einem dieser Rufe geöffnet werden können. Die Rufe evozieren die Wesenheiten und Kräfte, die in den Quadranten der großen Tafel niedergelegt sind. Die Sprache, in der diese Rufe geschrieben sind, wird innerhalb der Sitzungen als die Sprache bezeichnet, die jene Engel sprachen, die mit Henoch Kontakt hatten. Linguisten haben versucht, die Sprache als ein künstliches Konstrukt Dees oder Kelleys hinzustellen, mußten jedoch feststellen, daß es eine eigene Grammatik dieser Sprache gibt und es sich vielmehr um eine bis dato unbekannte Sprache handelt.
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